Anmerkungen von Corina Zolle
Ein
beeindruckendes Stück Philosophie von Corina Zolle:
Jetzt
habt ihr den Salat! Wo wollt ihr denn hin mit all den Alten, Kranken und
Behinderten?
Früher
war alles anders! Da wurden alle, die nicht bei drei auf den Bäumen waren von
den Löwen gefressen. Das ist das Gesetz der Evolution. Survival of the fittest.
Nur der STARKE überlebt.
Aber
dann habt ihr angefangen eure Umwelt zu verändern. Ihr habt erst Hütten und
dann Häuser gebaut und wenn euch dann die Löwen fressen wollten habt ihr ihnen
die Tür vor der Nase zugeschlagen. Das konnten dann auch die, die nicht so
schnell oder so stark waren, um auf den nächsten Baum zu klettern.
Überhaupt
hatte sich einiges geändert. Klar im Vorteil waren die, die clever genug waren
ihr Getreide nicht völlig aufzuessen sondern die, die im Märzen die Rösslein
anspannten, um die Felder zu bestellen. Apropos Rösslein, ihr habt angefangen
Hilfsmittel heranzuziehen, um eure körperlichen Defizite auszugleichen. Jetzt
konnten auch die Alten oder Schwachen länger und besser überleben.
Ach ja,
und dann kam da auch noch dieser Mann aus Nazareth und hat euch Barmherzigkeit
gepredigt. Und das habt ihr dann auch gemacht, und die Armen, die Alten und die
Kranken beschützt und ihnen zu essen gegeben und ihnen schließlich Häuser gebaut,
damit sie dort zusammenwohnen und leichter versorgt werden können.
Und
dann kamen die Neuerungen in der Medizin, und die, die früher an ihren
Krankheiten oder Verletzungen gestorben sind, überlebten und wurden noch älter
und noch schwächer.
Und
dann kam einer und sagte, dies ist alles wider die Evolution, und leisten
können wir uns das schon lange nicht, und hat teilweise ziemlich erfolgreich
versucht sie alle loszuwerden. Aber dann hat die ganze Welt aufgeschrien und es
wurden noch mehr und noch größere Häuser gebaut, und einige haben auch noch
festgestellt, dass man mit den Alten und Schwachen sogar einen Haufen Geld
verdienen kann.
Aber es
kommt noch besser. Die Alten und Behinderten wollen nicht mehr einfach nur
versorgt werden, sie wollen ihr Leben selbst bestimmen. Und stellen
Forderungen, dass die Umwelt ihren Bedürfnissen gerecht wird und Hilfsmittel
geschaffen werden. Und auch das ist Evolution. In unserer Gesellschaft muss
jetzt keiner mehr auf Bäume steigen. Heutzutage ist Kopf gefragt. Und darüber
verfügen erfahrene Alte, an Herausforderungen gewöhnte Behinderte und
leidgeprüfte Kranke durchaus. Der Selektionsdruck ist auf einmal ein ganz
anderer.
Und
jetzt, in einer Zeit, in der ihr krank werdet vor lauter Wohlstand, sollen die
Armen, die Alten und die Behinderten mal wieder nicht mehr finanzierbar sein?
Das
liegt dann aber nicht mehr an den Alten und Behinderten, sondern an denen, die
im Laufe der Evolution den Anschluss verpasst haben und nicht begreifen, dass
es heutzutage nicht mehr darauf ankommt möglichst viel Essen, Gold oder Aktien
zu horten. Dass es nicht mehr gefragt ist, mit einem Arm einen Baum ausreißen
zu können, für sowas gibt es wunderbare Werkzeuge. Dass man heutzutage dem
Nachbarn nicht mehr mit der Keule auf den Kopf hauen sollte, denn er könnte
eine Atombombe in der Hosentasche tragen. Und das sollte sich jeder einzelne
vor Augen führen, denn mittlerweile sind wir soweit, dass einzelne in der Lage
wären nur mit einem Knopfdruck unseren gesamten Planeten in die Luft zu jagen.
Da wäre dann aber ganz schnell Schluss mit Evolution.
Das
neue Druckmittel der Evolution ist die Toleranz, dass der Andere eben anders
ist. Sonst wär's ja halt auch kein Anderer. Und Evolution kann nur fortbestehen
in der Vielfalt, denn nur dann ist sie in der Lage sich an unterschiedliche
Gegebenheiten anzupassen und nur so bleibt sie im Gleichgewicht.
Wir
haben nur die Chance noch eine Zeit lang weiter zu existieren, wenn wir fit
genug sind, zu begreifen, dass die Evolution für die Art Mensch nicht vorgesehen
hat zu leben wie die Hamster, deren Lebensaufgabe es vielleicht ist alles
Verwertbare zusammenzuraffen, sondern dass es unser (vielleicht auch nur
vorläufiges) Ziel ist, das was alle Generationen vor uns erarbeitet haben so zu
verteilen, dass es allen gut genug und keinem zu schlecht geht und so dann eben
das Gleichgewicht zu halten. Und das bezieht sich schon lange nicht mehr nur
auf die Art Mensch sondern auf unseren gesamten Lebensraum.
Wenn
wir nicht schaffen die Vielfalt zu tolerieren und das biologische Gleichgewicht
zu halten, lässt uns die Evolution von der Bildfläche verschwinden, ohne dabei
auch nur mit der Wimper zu zucken.
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